Das erste Mal zum 10. Jahr

Die jungen (und alten) Leute der Region, von denen man sich beiweilen fragt, wo sie tagsüber denn geblieben sind, standen am 12. September vor dem kleinen Theater in einer langen Schlange, um einen Stempel mit der Aufschrift DRINGEND aufgedrückt zu bekommen – die Eintrittskarte zum 16. Braunschweiger Poetry Slam, der damit auch gleich sein 10. Jubiläum feiern wollte. Wie auch viele der Teilnehmer war auch ich eine Debütantin – allerdings als Zuschauerin. Mit Filmen ist das so ähnlich: Man weiß schon vorher, dass man ihn mögen wird, verpasst dann aber jede Filmvorstellung, und erwischt irgendwann (sehr viel später) die Chance, ihn doch noch zu sehen- und natürlich mag man ihn. Besser spät als nie oder so.

Die Darsteller waren 12 Teilnehmer, eine Jury aus Zuschauern, eine Moderation, die leider nicht so schnell Punkte zusammenrechnen konnte wie die Klugscheißer aus dem Publikum und das Ziel, einen poetischen, selbstgeschriebenen, klangvollen Text in 5 Minuten vorzutragen. Das Inhaltsspektrum war groß und reichte von Wacken über Liebe zu einem Klorohrbruch. Manchmal langsam und betont wie ein Schulkind und mit zerknülltem Zettel abgelesen, manchmal schnellundmitvielenWorteninmöglichstwenigZeitvorgetragen, ließen sich Debütanten und erfahrene Slammer schon unterscheiden – was das Ganze nur noch interessanter und abwechslungsreicher machte. Mit altbekannten Gedichten hatte das Ganze doch in allen Fällen wenig zu tun: Junge, schlagfertige, wortwitzige Texte mit vielen Lachern kamen in fast allen Fällen dabei heraus, dazwischen auch Denkanstöße und immer wieder das harte Urteil danach. Die Luft wurde Vortrag für Vortrag dicker, so dass man sich wunderte, dass die Slammer auf der Bühne überhaupt noch etwas Luft bekamen.

Ein wenig schade, dass die erfahrenen Slammer der Runde – im Gegensatz zu den Debütanten-  nahezu alle schnell und viel sprachen, überzogen und damit ins Finale einzogen- was eine grandiose Leistung war, aber mochten wir doch die präzise Beschreibung einer Teetantenrunde eines Erstlings am liebsten.

Als die Gewinner am Ende auf der Bühne stehen und ihre Buchpreise in den Händen halten, frage ich mich, wie man es schafft, Alltagsmomente in so poetisch einzupacken und lebenswichtige Fragen, die man oft verdrängt, so präsentiert, dass sie einem wirklich zu Herzen gehen.

Das erste Mal bleibt selten das letzte.

Best of Lesung des 16. Braunschweiger Poetry Slam am 10. 10. 08 im Roten Saal

Kommentar 1

  1. wellenschlag 15. September 2008

    Oh ja, oh ja. So ein Poetry Slam wäre wirklich auch mal etwas, das ich mir antun könnte. Blöd nur, dass ich anschließend mitten in der Nacht quer durch die Stadt nachhaus müsste und gewisse Personen deshalb krank vor Sorge sind.

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