Über Neuanfänge

dijon

Mein Verhältnis zur französischen Sprache gleicht dem einer unerfüllten Liebe. Mit 12 Jahren für den Nebenbuhler Latein entschieden, mit 14 gemerkt, dass lebendige Sprachen eher so mein Ding sind und dann, nach zwei Jahren läpprigem Schulfranzösisch, mit 20 vergeblich versucht, Uni-Stundenplan mit Französisch-Sprachkurs zu vereinbaren (… ahnt ihr was? Klappte natürlich nicht). Trotzdem immer wieder aufs Neue verknallt, wenn ich meine französische Mitbewohnerin am Telefon plappern hörte oder im Museum auf Menschengruppen stieß, die sich angeregt in der nasalen Sprache unterhielten.
„Was machst du nach dem Bachelor?“, fragten mich immer wieder Freunde. Und wenn ich dann in mich reinhörte, hatte ich tief drinnen einen großen Wunsch – auf meine alten Tage noch einmal irgendwie meine Frankophilie ausleben. Drei Intensivkurse und ein Haufen Bewerbungen später bin ich nun in Dijon gelandet, arbeite in einem Museum und versuche, hier – in der Hauptstadt des Burgunds und des guten Weines – Antworten auf Fragen zu finden, die mich schon jahrelang beschäftigen: Ziehen sich die Franzosen wirklich besser an? (Vorläufige Antwort: Nein.) Sind wirklich so viele von ihnen Cineasten? (Vorläufige Antwort: Ja.) Sind sie wirklich so höflich, wie man das in Deutschland behauptet? (Vorläufige Antwort: Nein.) Legen sie wirklich so viel Wert auf gutes Essen? (Oh ja.) Ist das kulturelle Leben wirklich anregender als in Deutschland? (Mais oui!)

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„Jedes Ende ist auch immer ein Neuanfang“, sagten meine Freunde ebenfalls, als ich noch in meiner Abschiedsdepression steckte. Jetzt, nachdem meine erste Käseplatte verspeist habe, zum ersten Mal eine Boule-Kugel in den Händen hielt und auf wundersame Weise einen Garten adoptiert habe, merke ich so langsam, was sie damit meinten. Es wird auf jeden Fall nicht so schnell langweilig hier und ich bin gespannt, was als nächstes passiert. Weil mir im Ausland so viele kleine Gedanken einfallen, die sonst nirgendwo hinpassen, wurde dafür sogar mein Twitter-Account wieder entstaubt. À bientôt!

Kommentare 2

  1. Nina 9. November 2014

    Liebe Eva,
    klar! ich arbeite als Freiwillige im „Le Consortium“, ein sogenanntes „centre d’art“ für zeitgenössische und moderne Kunst, wohl das französische Equivalent zum Kunstverein!

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